Mittwoch, 30. März 2011

Ein Stückchen Heimat

Nun ist es also soweit. Ich sitze in unserem Gästezimmer, habe das Bett für Lili bezogen und kann es gar nicht mehr abwarten sie morgen endlich wieder zu sehen!!

Aber es ist auch merkwürdig, ein bisschen Hamburg ab morgen bei mir zu haben. Monatelang habe ich mich auf die Besuche von daheim gefreut, insgeheim waren sie schon ein kleiner Fixpunkt für mich, weil damit klar war, das meine Zeit in Kapstadt zu Ende geht. Und jetzt ist es auf einmal so weit. Und ich weiß noch nicht, ob ich das gut finden soll. Vor allem in der letzten Zeit habe ich angefangen, mich wieder richtig auf Hamburg zu freuen und darauf, alle wiederzusehen. Aber heißt das auch, dass mein Jahr Südafrika damit vorbei ist. Ich mit allen Sachen die ich erlebt und gesehen habe, abschließen muss und das „normale“ Leben wieder losgeht.

Aber ein bisschen Zeit bleibt mir ja noch. Auch wenn es garantiert nicht so südafrikanisch sein wird, wie die letzte Zeit, weil ich in den nächsten 6 Wochen immer Freunde aus Deutschland dabei haben werde.

Was auf jeden Fall gut ist: Die Lage bei uns hat sich wieder etwas normalisiert!

Die Polizei patrouilliert jetzt sehr viel stärker und hat das Aufgebot ungefähr verachtfacht. Aber gut finde ich das auch nicht. Die Polizisten kontrollieren willkürlich Passanten. Dadurch wurden auch 40 Menschen verhaftet, die Drogen oder Waffen bei sich hatten. Aber ist es auch beklemmend zu sehen, wie Menschen sich auf Befehl auf den Boden legen müssen. Sie dürfen sich nicht bewegen oder reden und wenn sie dem nicht folge leisten, werden sie getreten. Ganz zu schweigen von all den Horrorszenarien, was passieren kann, wenn die Einheiten wieder abgezogen werden.

Unserer Arbeitskollegin scheint es den Umständen entsprechend gut zu gehen. Ich war neulich in meiner Lunchbreak mit zwei anderen Angestellten bei mir. Heimlich, weil wir durchs Township gelaufen sind und ich dort eigentlich nichts mehr zu suchen habe. Wir saßen in ihrem kleinen Wohnzimmer und es wurde sich rasend schnell auf afrikaans unterhalten. Einiges konnte ich aufschnappen und sie wissen einfach von fast jedem, ob er Gangster ist, welcher Gang er angehört und in welche fiesen Sachen er verwickelt war. Trotzdem machen sie nichts gegen die aktuelle Situation. Wofür man ihnen keinen Vorwurf machen kann, weil dann sie und ihre Familien darunter leiden würden.

Trotzdem kann es nach meiner (europäischen) Auffassung von Gerechtigkeit zufolge einfach nicht sein, dass eine ganze Community unter der Willkür einiger Gangster zu leiden hat.

Und das Problem ist und bleibt einfach, dass es keine Lösung für das Ganze, weder kurz- noch langfristig, gibt.

Im Creche hat sonst alles seinen gewohnten Gang wieder. Einige Zeit durften die Kinder nicht draußen spielen. Das ist jetzt wieder in Ordnung. Dann gibt es eine ganze Welle von Magen-Darm-Erkrankungen bei uns. Ich weiß echt nicht, wie viel Erbrochenes ich vom Boden wischen und wie viele vollgemachte Hosen ich wechseln musste. Ich bin bis jetzt noch davon verschont geblieben und Juna hat mir auch mehrfach gesagt, dass ich das nicht machen muss, wenn ich nicht will. Aber die Kinder sind dann einfach heftig krank, heute hatte ich ein Kind was total apathisch neben der Kloschüssel gehockt hat und dann will man sie nicht in die „Obhut“ der anderen Lehrerinnen geben, die sich lieblos um die Kleinen kümmern.

Dann gab es noch einmal viel Aufregung, weil der Angestellte des Mannes einer anderen Lehrerin bei sich in der Küche erschossen wurde und es dann Morddrohungen an den Mann gegeben haben soll. Die Lehrerin war einige Tage neben der Spur, ist aber immer noch zur Arbeit gekommen, um sich abzulenken. Aber auch das hat sich beruhigt.

Das war die kurze Meldung zwischendurch.

Liebe Grüße aus dem Spätsommer!!

3 Kommentare:

  1. Viel viel Spaß mit Lili - genießt die Zeit. Hoffentlich beruhigt sich die Lage weiter.
    Love M.

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  2. Unglaublich was Du dort alles erlebst, liebe Luisa. Hoffentlich bleibst Du von dieser ganzen Gewalt verschont und kehrst unbeschadet nach Hamburg zurück. Toll, dass Du so engagiert helfen kannst. Wir vermissen Dich hier schon sehr und freuen uns darauf, dass Du im Sommer mit uns an die Ostsee gehst. Liebe Grüße, Dein Martin

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  3. Liebe ``kleine´´ Luisa,
    meine Güte, das sind Erlebnisse!!!! Da bekommt man es beim Lesen mit der Angst. Pass bloß ganz gut weiterhin auf dich auf. Wir sind alle sehr beeindruckt von dir und finden es unglaublich, was du dort leistest. Alle Achtung!!! Wir wünschen dir für die restlichen Wochen viel Freude, komm gesund wieder. Wir freuen uns auf dich!!! Ganz herzliche Grüße von Marion, Stefan, große Louisa und Paulina

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