Montag, 11. Juli 2011

Wohoo ... neuer Eintrag ;)

So liebe Leute …

Lang, lang ist mein letzter Blogeintrag her und mein Jahr in Südafrika neigt sich nun endgültig dem Ende entgegen. In einem Monat sitze ich schon so gut wie im Flieger nach Hamburg, ein äußerst komisches Gefühl.

Mein Besuch ist seit 2 Monaten auch wieder zurück, die Zeit rast einfach nur so dahin. Aber mit Lili und Marie war es einfach nur toll. Die Reisepläne wurden zwar spontan geändert, aber mit Beiden hatte ich unfassbar schöne Wochen in Kapstadt. Beide haben die New World Foundation mit allen Angestellten und Kindern kennen gelernt. Mich hat es froh und auch ein bisschen stolz gemacht, ihnen mein Leben hier zeigen zu können, auch wenn die Gegensätze Südafrikas mir so deutlich wie nie zuvor geworden sind.

Vormittags im Kindergarten haben Beide das arme Kapstadt, mit Gewalt und Kriminalität kennen gelernt, nachmittags und am Wochenende haben wir uns die schönen Seiten meiner Heimatstadt auf Zeit angesehen. Wir haben überall ohne Straßenkarte hingefunden, was für ich mich ein Zeichen war, wie unglaublich vertraut die Stadt für mich geworden ist.

Zuerst war ja Lili da. Bevor sie gelandet ist, habe ich mich riesig gefreut und mir gleichzeitig auch Gedanken gemacht, wie es wohl sein wird, seine Freundin nach 9 Monaten wieder zu sehen. Aber schon auf dem Weg vom Flughafen nach Hause hat es sich so normal angefühlt, meinen Alltag mit ihr zu verbringen. Da sie früher als geplant nach Hause musste, sind wir zu unseren 10 Tagen Urlaub leider nicht gekommen. Die Reise wäre das I-Tüpfelchen unserer schönen Zeit geworden, aber war ich auch so einfach froh, dass sie da war.

Den Urlaub habe ich stattdessen mit einem anderen deutschen Freiwilligen gemacht, der sich glücklicherweise eine Woche spontan freinehmen konnte. Die Zeit war auch richtig toll, wir sind ohne Plan, mit Zelt und Schlafsack, die Küste entlanggefahren. Gleich am ersten Tag ist uns der Reifen auf der Autobahn geplatzt, was ziemlich gruselig war. Aber sowohl dem Auto, als auch uns ist nichts passiert. Ab dann haben wir einfach da gehalten, wo es nett aussah, haben richtig schöne Backpacker gefunden und eigentlich nicht viel gemacht … Richtig entspannten Urlaub halt. Nur am letzten Tag hat uns das schlechte Gewissen ein bisschen gepackt und wir sind in eine Tropfsteinhöhle und eine Art Zoo gefahren, bevor es wieder Richtung Kapstadt ging.

Wenige Tage später ist Marie dann gekommen. Und auch bei ihr war es sofort das Normalste der Welt, dass sie in Kapstadt bei mir ist. Gleich am ersten Wochenende sind wir ein paar Tage in das Ferienhaus von Juna gefahren, haben mit Daniela (die neue Freiwillige, die seit Anfang März bei uns ist) nochmal Urlaub gemacht. Auch das war Idylle pur und wir konnten die letzten Spätsommertage in vollen Zügen genießen.

Zurück in Kapstadt hatten wir dann Besuch von 2 deutschen Freiwilligen aus Namibia und mit Marie und den beiden neuen Freiwilligen bei uns, ständig volles Haus. Die Zeit hat mir auch so richtig gut gefallen. Da Kapstadt so groß ist und man ohne Auto vor allem abends nirgendwo hinkommt, habe ich es total vermisst einfach spontan nach der Arbeit etwas mit Freunden unternehmen zu können.

Das war auch vor allem in den letzten Wochen der Fall. Nachdem Marie Mitte Mai wieder nach Hause geflogen ist, habe ich mich eigentlich auf 3 ruhigere letzte Monate eingestellt. Doch da Kapstadt ein beliebtes Reiseziel ist und vor allem gegen Ende des Jahres viele Freiwillige aus dem südlichen Afrika hierherkommen, hatten wir beinahe jedes Wochenende Besuch und es tat gut, auch mal von anderen Leuten umgeben zu sein.

Ich habe ja schon früher von den Schwierigkeiten geschrieben, südafrikanische Freunde zu finden. Je mehr es dem Ende entgegengeht, desto schwerer wird das. Zum einem, weil viele den Sinn nicht mehr sehen, uns richtig kennen zu lernen, wenn wir ohnehin bald wieder in Deutschland sind. Zum anderen fallen die kulturellen Unterschiede zwischen Deutschen und Südafrikanern auch mehr und mehr auf. Das soll nicht rassistisch oder gemein klingen. Ich habe die Leute aus der New World total lieb gewonnen und finde es lustig, meine Pausen mit ihnen zu verbringen. Aber verbindet mich mit ihnen auch nicht viel mehr, als oberflächliche Unterhaltungen. Ich könnte mir vorstellen, dass es vor allem daran liegt, das sie eigentlich keine Vorstellung von meinem Leben in Deutschland haben. Außer das es alles sehr paradiesisch im Vergleich zu Lavender Hill sein muss. Und auch können sich die wenigsten vorstellen, was es heißt ein Jahr von zu Hause wegzugehen und ein bisschen bleibt man immer die Deutsche, die vor allem die finanzielle Mittel hat, so lange in einem anderen Land zu leben (Und auch wenn man ihnen erklärt, dass der Großteil gefördert wird, können sie das nicht so Recht glauben …) Da ist es einfach schön, sich mit Leuten austauschen zu können, die wissen, wie man sich fühlt und was einen bewegt. Hinzu kommt natürlich auch die Sprache. Denn auch wenn ich seit 11 Monaten jeden Tag viel Englisch rede, fällt es einem leichter sich in seiner Muttersprache zu verständigen.

Was ich auch sehr bemerkenswert bei dem Umgang mit Deutschen finde … Anfangs war die Arbeit und Probleme, die dort auftreten immer ein großes Gesprächsthema. Mittlerweile werden Themen wie Arbeit oder Alltag aber nur noch am Rande angeschnitten. Viel wichtiger sind Dinge, wie das Rückflugdatum, was bis dahin noch erledigt werden muss, was einen in Deutschland erwartet und was man mit seinem Leben zu Hause dann anfangen will. Vermutlich ist das auch normal. Wir alle fangen an, mit unserem Auslandsjahr abzuschließen. Große Dinge werden wir bei der Arbeit nicht mehr erreichen können, viel mehr will man die letzte Zeit noch genießen und all die schönen Dinge in unserem Gastland in Erinnerung behalten. Außerdem haben erleben wir seit fast einem Jahr täglich mehr oder weniger dasselbe. Da fallen einem Dinge, die im Vergleich zu Deutschland, etwas Besonderes sind, einfach nicht mehr so stark auf und man hat sich mit den afrikanischen Gegebenheiten vertraut gemacht.

Dennoch finde ich das erstaunlich … Wie die ganze Abschieds- und Wieder-nach-Hause-kommen-Thematik, weil die so überpräsent ist. Ich musste bereits anfangen, mich von den ersten Leuten zu verabschieden. Uli und Elvira (das deutsche Ehepaar, was mit uns hier lebt) sind gerade in Deutschland und Elvira wird erst wieder kommen, wenn wir alle schon zu Hause sind. In letzter Zeit hat mich die starke Kontrolle der Beiden schon sehr gestört. Unter der Woche mussten wir um 23 h zu Hause sein, durften überhaupt keinen Besuch über Nacht mehr haben und sie waren mehrmals bei uns im Haus drin, während wir arbeiten waren und haben sich über die Unordnung dort beschwert. Aber waren sie auch von Anfang an für uns da, hatten immer ein offenes Ohr für Probleme jeder Art und haben sich für uns eingesetzt. Dann mussten wir den beiden anderen Freiwilligen, Philipp und Daniela, die von Anfang März bei uns waren, auch schon Lebewohl sagen. Es ist einfach erstaunlich, wie die 4 Monate mit den Beiden verstrichen sind und vor allem bei Daniela und mir war es bemerkenswert, wie schnell man sich aneinander gewöhnt und wie komisch es jetzt ist, dass sie einfach nicht mehr da ist. Aber so dramatisch ist das auch nicht, sie wohnt in Hamburg, also ist die Wahrscheinlichkeit, dass wir uns wiedersehen, nicht allzu gering.

Ja und sonst habe ich die ein oder anderen Freiwilligen, die hier in Kapstadt sind auch bereits zum letzten Mal gesehen. Morgen fahre ich zum letzten Mal in Urlaub und viele fliegen in der Zeit schon nach Hause. Minke auch, also haben wir zwei auch unsere letzte Zeit zusammen. Auch eine ganz merkwürdige Vorstellung, aus dem Urlaub wieder zu kommen und sie wird nicht da sein. Und auch, dass ich nur für eine Woche wieder „nach Hause“ komme, Sachen packen, aufräumen und putzen muss und dann ganz weg aus Kapstadt gehe.

Aber jetzt freue ich mich erstmal auf den Urlaub. Morgen gehts auf nach Windhoek, 22 h mit dem Bus und von da aus zu den Victoriafällen und durch Namibia. Ich freue mich darauf so unfassbar !! Das wird auch der längste Urlaub, den ich hier gemacht habe, ich bin fast 3 Wochen unterwegs.

Nur leider ist auch hier langsam der Winter da. Nachts ist es bitterkalt und tagsüber regnet es gerne mal richtig doll. Vielleicht kommt dann nicht so die Urlaubsstimmung auf, wie wenn man im Spätsommer am Strand liegt. Aber glaube ich, dass die Natur, die ich zu sehen bekommen, der totale Wahnsinn wird. Und mit etwas Glück bekomme ich auch noch ein paar Tiere in freier Wildbahn zu sehen.

Das war es erstmal wieder von mir. Ich kann auch nicht versprechen, dass ich noch einen Eintrag hochlade, wenn ich aus Namibia wieder da bin. Und dann bin ich ja auch schon wieder in Deutschland und kann mit euch allen richtig reden ;)

Ach ja, ich komme am 9.8. um 14 h aus Amsterdam. Ich würde mich freuen, ganz viele von euch am Flughafen zu sehen und wer das nicht schafft, ist dann herzlich eingeladen bei meinen Eltern zu Hause vorbeizuschauen (komisch, ich kann gar nicht mehr sagen, dass das mein zu Hause ist …)

Ich freue mich, euch ganz bald alle Wiederzusehen. Bilder gibt es wieder nur bei Facebook.

Ganz liebe Grüße aus dem winterlichen Kapstadt,
Eure Luisa

Mittwoch, 30. März 2011

Ein Stückchen Heimat

Nun ist es also soweit. Ich sitze in unserem Gästezimmer, habe das Bett für Lili bezogen und kann es gar nicht mehr abwarten sie morgen endlich wieder zu sehen!!

Aber es ist auch merkwürdig, ein bisschen Hamburg ab morgen bei mir zu haben. Monatelang habe ich mich auf die Besuche von daheim gefreut, insgeheim waren sie schon ein kleiner Fixpunkt für mich, weil damit klar war, das meine Zeit in Kapstadt zu Ende geht. Und jetzt ist es auf einmal so weit. Und ich weiß noch nicht, ob ich das gut finden soll. Vor allem in der letzten Zeit habe ich angefangen, mich wieder richtig auf Hamburg zu freuen und darauf, alle wiederzusehen. Aber heißt das auch, dass mein Jahr Südafrika damit vorbei ist. Ich mit allen Sachen die ich erlebt und gesehen habe, abschließen muss und das „normale“ Leben wieder losgeht.

Aber ein bisschen Zeit bleibt mir ja noch. Auch wenn es garantiert nicht so südafrikanisch sein wird, wie die letzte Zeit, weil ich in den nächsten 6 Wochen immer Freunde aus Deutschland dabei haben werde.

Was auf jeden Fall gut ist: Die Lage bei uns hat sich wieder etwas normalisiert!

Die Polizei patrouilliert jetzt sehr viel stärker und hat das Aufgebot ungefähr verachtfacht. Aber gut finde ich das auch nicht. Die Polizisten kontrollieren willkürlich Passanten. Dadurch wurden auch 40 Menschen verhaftet, die Drogen oder Waffen bei sich hatten. Aber ist es auch beklemmend zu sehen, wie Menschen sich auf Befehl auf den Boden legen müssen. Sie dürfen sich nicht bewegen oder reden und wenn sie dem nicht folge leisten, werden sie getreten. Ganz zu schweigen von all den Horrorszenarien, was passieren kann, wenn die Einheiten wieder abgezogen werden.

Unserer Arbeitskollegin scheint es den Umständen entsprechend gut zu gehen. Ich war neulich in meiner Lunchbreak mit zwei anderen Angestellten bei mir. Heimlich, weil wir durchs Township gelaufen sind und ich dort eigentlich nichts mehr zu suchen habe. Wir saßen in ihrem kleinen Wohnzimmer und es wurde sich rasend schnell auf afrikaans unterhalten. Einiges konnte ich aufschnappen und sie wissen einfach von fast jedem, ob er Gangster ist, welcher Gang er angehört und in welche fiesen Sachen er verwickelt war. Trotzdem machen sie nichts gegen die aktuelle Situation. Wofür man ihnen keinen Vorwurf machen kann, weil dann sie und ihre Familien darunter leiden würden.

Trotzdem kann es nach meiner (europäischen) Auffassung von Gerechtigkeit zufolge einfach nicht sein, dass eine ganze Community unter der Willkür einiger Gangster zu leiden hat.

Und das Problem ist und bleibt einfach, dass es keine Lösung für das Ganze, weder kurz- noch langfristig, gibt.

Im Creche hat sonst alles seinen gewohnten Gang wieder. Einige Zeit durften die Kinder nicht draußen spielen. Das ist jetzt wieder in Ordnung. Dann gibt es eine ganze Welle von Magen-Darm-Erkrankungen bei uns. Ich weiß echt nicht, wie viel Erbrochenes ich vom Boden wischen und wie viele vollgemachte Hosen ich wechseln musste. Ich bin bis jetzt noch davon verschont geblieben und Juna hat mir auch mehrfach gesagt, dass ich das nicht machen muss, wenn ich nicht will. Aber die Kinder sind dann einfach heftig krank, heute hatte ich ein Kind was total apathisch neben der Kloschüssel gehockt hat und dann will man sie nicht in die „Obhut“ der anderen Lehrerinnen geben, die sich lieblos um die Kleinen kümmern.

Dann gab es noch einmal viel Aufregung, weil der Angestellte des Mannes einer anderen Lehrerin bei sich in der Küche erschossen wurde und es dann Morddrohungen an den Mann gegeben haben soll. Die Lehrerin war einige Tage neben der Spur, ist aber immer noch zur Arbeit gekommen, um sich abzulenken. Aber auch das hat sich beruhigt.

Das war die kurze Meldung zwischendurch.

Liebe Grüße aus dem Spätsommer!!

Mittwoch, 16. März 2011

Gangfights in Lavender Hill

Nachdem es in den letzten Wochen eher ruhig war und nur vereinzelt geschossen wurde, ist die Situation in Lavender Hill am Wochenende eskaliert. Freitagmorgen haben Anhänger der Corner Boys auf ein Miinitaxi geschossen. Der Fahrer wurde verletzt. Grund hierfür waren Drogengeschäfte, da die Fahrer als Kuriere benutzt werden um das Zeug rasend schnell im ganzen Township zu verteilen.

Die Polizei hat schnell reagiert und konnte einige Mitglieder der C.B. verhaften. Die gewünschte Wirkung blieb allerdings aus. Die Lage hat sich nicht beruhigt, ganz im Gegenteil. Am Freitag zwischen 5 und 6 Uhr fuhr ein voll beladenes Auto in das „Revier“ der Corner Boys und es wurde auf alles geschossen, was sich bewegt hat. Zum ersten Mal wurden 3 Kinder getötet, die in die Gangs nicht involviert sind. Einer von ihnen war Freitagmorgen mit seiner Oma in der New World zu einem Gespräch. Eigentlich sollten weitere folgen …

Eine Arbeitskollegin von uns hat die Schüsse gehört, wollte ihren spielenden Sohn von der Straße ins Haus holen und wurde von einer Kugel im Bein getroffen. Weitere 6 Personen wurden verletzt, unter anderem wurde eine schwangere Frau in die Wirbelsäule geschossen.

Die Bewohner von Lavender Hill gehen davon aus, dass sich in dem Auto „Junky Funky's“ befanden, die es ausnutzen wollten, dass einige Corner Boys zu dem Zeitpunkt hinter Schloss und Riegel saßen.

Die Polizei konnte nicht schnell genug reagieren, das Auto entkam. Da um 18 h Schichtwechsel auf der Station in Steenberg ist, befanden sich keine Polzeiautos in Lavender Hill.

Den ganzen Samstag hat man die Menschen am Straßenrand beten gesehen. Kerzen wurden zu Gedenken der Opfer aufgestellt, die Zeitungen in ganz Kapstadt berichten über die Shootings in Lavender Hill. Angeblich sind weitere Schüsse am Samstag und Sonntag gefallen, zum Glück wurde niemand verletzt.

Am Montag wurde mit den Kindern im Aftercare über das Wochenende gesprochen. Zwei von ihnen befanden sich mitten im Geschehen, haben gesehen wie die Schüsse abgefeuert wurden und die Menschen getroffen wurden. Andere haben später die Leichen auf der Straße liegen sehen. Viele kannten die getöteten Kinder, sind mit einem sogar verwandt. Die Berichte haben vor allem uns Deutsche betroffen gemacht und jetzt geht es darum, die Kinder an entsprechende Therapeuten und Trauma-Centres weiter zu vermitteln, damit das Geschehene richtig verarbeitet werden kann.

Neben den Einzelheiten war es vor allem erschreckend zu hören, wie wenig die Polizei gegen all die Probleme unternimmt. Das ich in einem Land bin, das von Korruption beherrscht wird, war mir von vornherein klar. Aber wie kann man sich reinen Gewissens ein Vertreter des Gesetzes nennen, wenn man mit den Gangstern zusammen sitzt, mit ihnen raucht und keine Verstärkung fordert, wenn das Feuer direkt vor einem eröffnet wird?

Ich fühle mich nach wie vor sicher, nur macht mich die neue Situation extrem traurig. Ich kann nicht sagen, dass ich mich wirklich involviert fühle. Aber wenn man hört, dass eine Arbeitskollegin eine Kugel im Bein hat und Kinder dir Szenarien schildern, die besser in einem Horrorfilm passen, nimmt einen das schon mit. Es ist einfach unfair, dass das Leben zigtausender Menschen von der Willkür einiger Gangster beherrscht wird, das Kinder wie selbstverständlich mit Waffen und Gewalt aufwachsen, ein Leben ohne dies für sie nicht vorstellbar ist.

Jeden Tag im Kindergarten sehe ich, zu was einem hohen Maß an Gewalt die Kinder fähig sind. Viele wissen gar nicht, wie man ohne treten, hauen und beschimpfen miteinander umgeht. Häufig wird von mir als Lehrerin erwartet, dass ich die Kinder schlage, wenn sie sich daneben benehmen. Gewalt gehört für sie einfach dazu, sie ist fest verankert, ohne geht es nicht.

Aber das ist kein Wunder, wenn man sieht, was in der Community vor sich geht, dass die Menschen dem machtlos gegenüber stehen, sie Vertrauen in Polizei und Gesetz verlieren, beim Schützen ihrer eigenen, unschuldigen Familie angeschossen werden und es keine Möglichkeit gibt, Kinder oder Babys von den Geschehnisses fernzuhalten.

Donnerstag, 10. März 2011

NEU NEU ... Bergfest ... NEU NEU :)

Nun ist es also Anfang, fast Mitte März und das heißt, dass mein Besuch nun bald endlich kommt :)

Am 29. März kommt Lili für 3 Wochen, wir werden zusammen die Ostküste lang fahren und von Backpacker zu Backpacker reisen. Wenn wir Glück haben, schaffen wir es bis kurz vor Port Elizabeth.

Ende April geht es für sie wieder nach Hause, über Ostern bin ich „alleine“ und dann kommt Marie nach Kapstadt geflogen. Sie bleibt bis Mitte Mai und dann brechen auch schon meine letzten 3 Monate in Südafrika an.

So richtig kann ich es noch gar nicht glauben, dass der größte Teil meines Freiwilligendienstes vorbei ist und die Zeit rückwärts läuft. Vor allem nach Weihnachten ist die Zeit echt gerannt und ich habe ein bisschen Bedenken, dass die Zeit mit meinem Besuch verfliegt und ehe ich mich versehen, sitze ich wieder im Flieger nach Deutschland. Vor allem planen Jan und ich noch eine Rundreise nach Lesotho und Swaziland im Juni und dann bleibt mir nur der Juli in Lavender Hill.

Aber wenn es mit den Reisen so klappt, wie ich es mir wünsche, habe ich vieles von dem gesehen, was Südafrika zu bieten hat. Ende Januar war ich ja in Durban und Umgebung (Große Stadt an der Ostküste) und alles war so anders, als in Kapstadt. Zum einem war das Wetter viel extremer, hohe Temperaturen, noch höhere Luftfeuchtigkeit und da Durban am indischen Ozean gelegen ist, war das Wasser sehr viel wärmer. Zum anderen hatte man viel mehr als in Kapstadt das Gefühl, wirklich in Afrika zu sein. Bei uns gibt es die Townships, und unter der Woche leben wir in unser eigenen, irgendwie afrikanischen Welt und wenn wir am Wochenende in die Stadt fahren, fühlen sich manche Ecken, wie eine europäische Großstadt an. Die Häuser sind nett restauriert, es laufen viel Weiße durch die Straßen und das Gesamtbild von Kapstadt st wirklich nett.

In Durban hingegen ist die Innenstadt ein einziges schwarzes Gewusel. Überall bahnen sich Minitaxen ihren Weg (während man in der Innenstadt von Kapstadt kaum welche sieht) und aus jeder Ecke kommen andere Beats. Dafür ist Durban's City nachts auch sehr viel gefährlicher als Kapstadt, da darf man sich selbst in den größten Straßen als Weißer nicht frei bewegen, was bei uns eigentlich nicht so das Problem ist.

Wir hatten zwei Wochenenden in Durban, haben bei einem anderen Freiwilligen gewohnt und ständig waren noch andere Deutsche dabei. Dazwischen lag unser Zwischenseminar in Pietermaritzburg, etwa eine Stunde außerhalb von Durban. Meine Erwartungen waren nicht besonders hoch, weil ich mich in letzter Zeit richtig eingelebt, meinen Platz in der Pre-School gefunden habe und es mir ziemlich gut geht. Aber es hat so viel Spaß gemacht, sich mit anderen Freiwilligen auszutauschen, Gemeinsamkeiten in den Projektstellen zu entdecken und über Lösungen oder Veränderungen nachzudenken. Sowohl unsere Arbeitsphasen, als das gesamte Drumherum waren klasse und die Zeit ging viel zu schnell vorbei.

Also hatte ich 10 Tage Afrika, aber mit einem enorm hohen Anteil an Deutschen. Vor allem das Zwischenseminar, was ein wenig in der Pampa war und wo auf dem Gelände eigentlich nur Deutsche rumgelaufen sind, hätte auch irgendwo im Nichts in Deutschland stattfinden können. Nur das Wetter war besser.

Also brauchte ich ein bisschen um wieder zu Hause in Lavender Hill anzukommen.

Vor allem, weil ich mich mit vielen auf Anhieb gut verstanden habe, natürlich weil wir deutsch sind, die gleiche Sprache sprechen und uns in fast der gleichen Situation befinden. Aber ist das etwas, was mir im Township fehlt. Das ich richtige Freunde unter den Coloureds finde. Wenn sie Interesse zeigen und etwas mit uns unternehmen wollen, denke ich häufig, dass es darann liegt, das wir als Weiße eine Art Statussymbol sind und sie hoffen von uns profitieren zu können. Unter anderem weil wir ein Auto haben und deutlich mehr Geld zur Verfügung, als der Großteil in Lavender Hill.

Ein ganz andere Schnack sind manche Jungs oder Männer, die irgendwas ganz abstruses denken, wenn sie ein weißes Mädchen sehen. Ich habe schon die merkwürdigsten Angebote bekommen und ganz oft geben sie auch sehr wirren Kram von sich, der als Kompliment gemeint ist, mir aber ein bisschen Angst macht :)

Aber das ist in Ordnung, da weiß ich nach über einem halben Jahr damit umzugehen und außerdem gibt es noch die Muddis aus der Küche, mit denen ich Stunde um Stunde in meinen Pausen zusammenhocke und viel Spaß habe. Und außerdem bekomme ich mit Abstand die meiste Post, viele Anrufe und Mails, was mich meine Freunde in Deutschland nicht vergessen lässt.

Sonst ist nicht viel Neues passiert. Seit Anfang des Jahres sind im Creche die neuen Kinder. Unsere Klassenstärke hat sich von 25 auf 36 erhöht, was die Arbeit um einiges anstrengender macht. Aber komme ich auch besser mit den Kleinen klar. Ich kenne den täglichen Arbeitsablauf in- und auswendig und weiß, wie ich in den meisten Situationen zu reagieren habe (schlagen tue ich die Kinder aber immer noch nicht !!)

Ich bekomme mehr Verantwortung von Juna. Ich bin noch immer die deutsche Freiwillige, die Sachen wegräumen und nicht so tolle Aufgaben erfüllen muss, aber werde ich auch immer öfter mit der Klasse alleine gelassen und kann dann meine eigenen Ideen umsetzen. Das klappt mal gut, mal nicht so gut, weil auch die Neuen sehr aggressiv sind. Außerdem können die Meisten nur kleine Brocken Englisch, aber mein afrikaans wird immer besser, ich kann sie eigentlich immer verstehen und mach ihnen schon klar, was ich von ihnen will :)

Und so ein paar Härtefälle haben wir auch dabei. Entweder verstehen sie echt nicht, wenn ich sie zu mir herwinke oder sie sind es von zu Hause nicht gewohnt. Und nach und nach bekomme ich auch Dinge mit, die bei den Kindern zu Hause passieren. Wir haben ein Zwillingspärchen, das zum Beispiel gerade bei ihrem Vater wohnt. Der ist drogenabhängig und die Kinder inhalieren das Zeug ständig. Ein Junge hatte 2 Wochen ein blaues Auge und wollte nicht erzählen, was passiert ist. Natürlich kann das auch was harmloses sein, aber so brutal, wie der ist, denkt man da schon an das Schlimmste. Außerdem kann kein Kind die verschiedenen Farben auseinanderhalten und benennen, aber wenn sie um 2 Uhr von ihrem Mittagsschlaf aufwachen, setze ich mich mit ein paar Kindern hin. Ich bring ihnen die Farben bei und sie müssen kleine Sachen, wie Strichmännchen und Smileys malen.

Von diesen Geschichten kann ich eine Menge erzählen, aber gibt es auch Kinder, die unter „normalen“ und behüteten Umständen aufwachsen. Ein Mädchen, mit einem riesigen zahnlosen Lächeln, kommt ständig an, brüllt „huggie“ und schmeißt ihre Arme in die Luft, damit ich sie drücke. Da muss ich aber nach wie vor aufpassen, dass Juna das nicht sieht.

Die Situation in Lavender Hill ist leider immer noch nicht besser geworden. Im neuen Jahr sind die Gangfights noch einmal neu aufgeflammt. Es gab wieder eine Menge Schießereien, viele auch in unmittelbarer Nähe zur New World Foundation. Eine Situation ist mir dabei besonders im Gedächtnis geblieben.

Und irgendwie ist es zu kompliziert, sie im Detail zu schildern, vor allem weil man das Gebäude der New World dafür vor Augen haben müsste. Auf jeden Fall haben zwei der vier Klassen draußen gespielt und auf einmal sind die Lehrerinnen voll hektisch geworden und alle 80 Kinder mussten blitzschnell rein, weil direkt neben dem eingezäunten Spielplatz ein Mann mit einer Waffe stand. Er hatte eine Jacke über seinen Arm gelegt, aber ein vorbeigehendes Mädchen damit bedroht, die ist dann völlig panisch in den Creche gelaufen, weshalb die Lehrerinnen aufmerksam wurden. Ich weiß nicht, warum das Mädchen ausgerechnet zu mir kam, auf jeden Fall war sie völlig aufgelöst und wollte, dass ich sofort die Polizei rufe. Ich hab sie dann zu den Aunties in die Küche gebracht.

Diese Situation spiegelt nur echt gut wieder, wie willkürlich und paradox es in Lavender Hill zugehen kann. Ich kenne so viele Menschen, die mit den Gangs nichts zu tun haben wollen, aber die Schießereien und die ständige Präsenz der Gangmember, beeinträchtigt ungewollt auch ihr leben. Und am schlimmsten finde ich es nach wie vor, dass die Kinder damit aufwachsen müssen. Einige der Kinder haben die Gun gesehen und unter all den 160 Kindern hat sich die Geschichte wie ein Lauffeuer verbreitet, auch wenn viele gar nicht verstehen oder einordnen können, was da passiert ist. Ich meine auch, dass viele noch zu klein sind um die ganze Tragweite dessen zu verstehen, aber schon jetzt nehmen sie solche Ereignisse wirklich mit. An Mittagsschlaf war an dem Tag nicht mehr zu denken, so aufgekratzt waren sie …

Sonst hat es bei uns auf der Farm neulich gebrannt. Ein Kuferkabel wurde geklaut, dass die Stromversorgung zu unserem großen, elektrischen Gate regelt. Der Strom wurde dann für mehrere Minuten auf die anderen Häuser umgeleitet, weshalb wir Hochstrom hatten, bis viele Leitungen durchgeknallt sind. Um kurz nach 23 h ging im Office-Gebäude dann der Alarm los. Wir dachten zuerst, dass das auf Kurzschluss zurückzuführen ist. Tatsächlich war es aber der Feueralarm, weil in einem Büro eine Leitung komplett durchgeschmort ist und einen Brand ausgelöst hat. Zum Glück waren die anderen Deutschen plus Besuch da, unser Boss Jan de Waal ist auch noch gekommen. Nur die Feuerwehr wurde nicht gerufen, weshalb ein Fenster eingeschlagen wurde und mit dem Gartenschlauch das Feuer gelöscht wurde.

Als Konsequenz daraus mussten wir 2 Wochen Farmpatrouille machen. Jan, weil er ein Junge ist, musste jeden Abend, alle halbe Stunde mit Taschenlampe bewaffnet über das ganze Gelände laufen. Aber nur bis 10, weil danach die Diebe wahrscheinlich auch schlafen gehen :)

Minke und ich hatten dann einen Tag am Wochenende. Das heißt alle Stunde, aber nur zu zweit, weil wir Mädchen sind, alles ablaufen und schauen, ob irgendwo ein Loch im Zaun ist oder ähnliches.

Das ist zum Glück wieder abgeschafft, seit Kurzem haben wir einen Sicherheitsmann, der vorne in einem Container wohnt und die ganze Nacht patrouilliert.

An den Wochenenden war auch wieder viel und ich bin einmal alleine mit Minitaxi und Zug in die Stadt gefahren. Von Seiten unserer Organisation ist das nicht so doll gewünscht. Aber ich bin im Hellen gefahren und außerdem ist es echt bemerkenswert wie schnell man Leute in Südafrika kennenlernt und wie viel mehr Vertrauen sie zu Weißen als zu Farbigen oder Schwarzen haben, obwohl sie selbst dunkel sind.

Außerdem haben wir zwei neue Mitbewohner, die auch in der New World arbeiten. In dem einem Haus sind wir jetzt 3 Mädels und die beiden Jungs wohnen hinten in einer kleineren Hütte. Bei uns geht auf jeden Fall jetzt das volle WG-Leben mit Putzplan und allem drum und dran los.

Das war es erstmal vom Kap, wie man Bilder hoch lädt, weiß ich immer noch nicht. Außerdem ist meine Kamera gestohlen worden, weshalb es eh keine neuen gibt. Aber es ist ja nur meine Kamera …

Wann ich wieder schreibe, weiß ich noch nicht. Die nächsten 3 Wochen werden wahrscheinlich nicht so spannend und dann kommt mein Besuch !!!

Liebe Grüße an euch !!

Donnerstag, 27. Januar 2011

Ein frohes Neues ...

Januar ist jetzt auch schon wieder fast vorüber und ich komme endlich dazu von meinen phänomenalen Weihnachtsferien zu berichten.

Am Samstag vor Weihnachten bin ich nach Johannesburg geflogen, um einen Freund zu besuchen. Ein bisschen Bedenken hatte ich schon, weil ich Khaya im Frühjahr 2009 kennengelernt und seitdem nicht mehr gesehen habe. Die waren aber unberechtigt, denn er hat sich echt Mühe gegeben, mir eine schöne Zeit zu machen. Wir waren auf einer afrikanischen Hochzeit und haben viel mit seinen Freunden unternommen. Wir haben Soccer City besucht, verschiedene Universitäten angesehen und einmal haben wir seine Mutter von der Arbeit abgeholt. Sie arbeitet in einem Krankenhaus für Aidskranke und ich habe zum ersten Mal Menschen gesehen, die mit dem Endstadium der Krankheit zu kämpfen haben. Das war sehr beeindruckend und eigentlich wollte ich einen Tag lang in der Klinik volontären, das hat leider nicht geklappt.

Bei ihm war ich 4 Tage und dann habe ich noch 4 Tage bei einer anderen Freundin gewohnt und mit ihrer Familie auch Weihnachten gefeiert. Steph habe ich auch 2009 kennengelernt und sie letztes Jahr beim Gegenbesuch auch gesehen. Die Zeit war auch richtig schön. Sie wohnt mit ihrer Eltern und ihren kleinen Schwestern auf einer Farm zwischen Johannesburg und Pretoria, mit vielen Hunden, Katzen und Pferden. Wir waren shoppen, im Kino, reiten, haben einen Zoobesuch gemacht und viel mit ihrer Familie unternommen.

In Südafrika wird Weihnachten am 25. gefeiert, da ihre Oma aus Dänemark kommt, haben wir an Heiligabend schon eine kleine Weihnachtsfeier gemacht. Mit viel Essen, wir sind um einen Plastiktannenbaum getanzt und Geschenke wurden ausgepackt. Am 25. sind wir früh morgens in die Kirche gegangen, die einfach nur heftig und ein kleines bisschen übertrieben war. Danach gab es mit den Großeltern, Tanten und Onkels Bescherung und ab Mittag sind 40 Gäste eingetrudelt. Für die wurde ein riesiges und leckeres Essen aufgetischt und es wurde richtig viel gegessen. Außerdem gab es eine Wasserrutsche und nachdem Essen sind wir die ganze Zeit bei strahlendem Sonnenschein gerutscht. Bis uns, wegen dem vielen Essen, echt schlecht geworden ist.

Das war alles super, Heimweh hatte ich eigentlich gar nicht, weil die Familie ein bisschen meine war und ich mit Steph und ihren Schwestern eine echt tolle Zeit hatte. Und ich bin echt froh, die Möglichkeit genutzt zu haben, nochmal nach Johannesburg zu fahren und Khaya, Steph und meinen Gastbruder James wiederzusehen.

Zurück in Kapstadt war dann auch viel los. Viele Freiwillige von Minkes Organisation, die in ganz Südafrika arbeiten, sind für Neujahr nach Kapstadt gekommen. Mit denen haben wir viel unternommen, ein paar haben auch bei uns gewohnt und es ist einfach mega fett, alleine zu wohnen. Abends konnten alle bei uns essen, ohne das man Mama und Papa fragen muss, ob das in Ordnung ist :)

Wir waren in Kapstadts riesigen Aquarium, was ich ein bisschen gruselig fand, am Strand und in der Stadt. An Silvester haben wir mit allen zu erst bei uns gegrillt und nach 12 sind wir in die Stadt gefahren. Ein paar sind den Lion's Head hochgewandert, um den Sonnenaufgang anzuschauen, der Rest war in der Long Street unterwegs. Das war ganz lustig, auch wenn wir uns auf keinen Club einigen konnten und nur umher gelaufen sind. Es waren aber so unfassbar viele Menschen unterwegs und irgendwann waren wir inmitten einer Parade. Die Security-Männer haben schon gemunkelt, dass wir eigentlich nicht dazu gehören, wir haben ein bisschen mitgefeiert und sind dann auch wieder über die Absperrung geklettert.

Komisch war nur, dass es an Silvester verboten ist, Feuerwerk zu machen. Und so gab es in diesem Jahr keine Raketen.

Dann gab es noch Minkes Geburtstag zu feiern und am 4. Januar bin ich mit 2 anderen Freiwilligen in die Cederberge zum Wandern gefahren. Das war im Nachhinein eine ziemlich dumme Idee, aber es hat wahnsinnig Spaß gemacht. Übermotiviert wollten wir eine 3-Tages-Tour machen, haben vor Ort eine Karte bekommen, auf denen der Wanderweg markiert war. Wir sind nachmittags um 5 los gewandert und mussten erstmal einen 1500 m Berg hoch. 2,8 km standen auf der Karte, das war aber der direkte Luftweg und die ganzen Serpentinen haben mir echt den Garaus gemacht. Relativ schnell dachte ich, gleich kippe ich um und die 3 Tage überlebe ich nicht. Die Jungs haben mir aber alle schweren Sachen abgenommen und mit vielen Pausen und ganz viel Wasser, haben wir es dann doch irgendwie geschafft. In der ersten Nacht sollten wir in einer Berghütte schlafen, langsam wurde es dunkel und nach jeder Biegung dachten wir, da ist die Hütte, was leider nicht so war :)

Gegen 9 haben wir sie dann aber doch gefunden und uns so mega darüber gefreut. So spektakulär war sie zugegebenermaßen nicht, wie ein alter Stall mit Stroh und Mäusen, aber man konnte drin schlafen. Zum Abendessen gab es Nudeln auf dem Campingkocher und weil wir zu wenig Wasser hatten, wurde hinterher sogar das Nudelwasser getrunken, was echt lecker war.

Am nächsten Morgen ging es um halb 6 weiter, damit wir in der Mittagshitze eine Pause machen können. Schnell wurde uns aber klar, dass wir den geplanten Weg auf keinen Fall schaffen würden. Ich habe mich von Wasserstelle zu Wasserstelle geschleppt, weit und breit war kein Mensch und Handyempfang gab es auch nicht. Also haben wir uns für eine Abkürzung entschieden.

Ab 11 war es dann zu heiß um sich zu bewegen, wir haben aus dem Zelt ein Sonnensegel gebaut und ich hab 3 h auf einem Stein geschlafen. Bis 5 haben wir die Zeit mit dösen, Karten spielen und einer Dose kalter Tomatensuppe, über die Runden gebracht, bis wir dachten, dass es kühl genug ist um weiter zu laufen.

Dann haben wir den richtigen Weg leider nicht gefunden, sind umsonst auf einen 1400 m Berg gewandert. Das ganze war schon Abenteuer pur und vielleicht auch ein kleines bisschen gefährlich. Aber auch in den dümmsten Situationen haben wir einfach gelacht und irgendwie haben wir es auch immer weiter geschafft. Wir haben dann beschlossen einfach umzudrehen und sind den ganzen Weg wieder zurück gelaufen. Was eigentlich unspannend ist. Für mich sah aber jeder Weg neu aus, weil ich auf dem Hinweg nie hochgeschaut habe, sondern nur damit beschäftigt war, mich weiter zu schleppen und nicht hinzufallen. Aus den Fußspuren, die wir morgens hinterlassen haben, konnten wir aber schließen, das wir richtig sind.

Auch am zweiten Abend sind wir trotz Dunkelheit weiter gelaufen und eigentlich wollten wir unsere Schlafsäcke einfach irgendwo hinschmeißen und schlafen. Auf dem Weg haben wir aber einen Skorpion gesehen und dann doch lieber das Zelt aufgeschlagen.

Am nächsten Morgen sind wir um 4 aufgestanden und eine halbe Stunde später weitergezogen. Und irgendwie haben wir total schnell das Camp erreicht, von wo aus wir gestartet sind. Gegen 9 waren wir wieder in der Zivilisation und sind erstmal in den Pool gesprungen.

Wir sind dann noch 2 Tage an die Westküste gefahren, haben in einem Backpacker gezeltet und waren eigentlich nur am Strand. Am letzten Tag sind wir noch Kanu gefahren. Auf offener See und Jan und ich sind erstmal gekentert, was schon ein bisschen witzig war.

Dann ging es wieder zurück nach Kapstadt und seit 2 Wochen müssen wir auch wieder arbeiten. Die erste Woche war sehr ruhig und ziemlich entspannt. Seit letztem Montag sind aber die neuen Kinder da, die einen ziemlich auf Trapp halten. Unsere Klasse hat jetzt 36 Kinder, viele von ihnen haben am Anfang geweint und wenn man die Namen noch nicht kennt ist es ziemlich schwierig, die Bande in Schach zu halten.

Aber es ist doch ganz gut, wieder was zu tun zu haben. Meine Motivation wieder zu arbeiten, war nach den Ferien mehr als gering. Aber die ganzen Leute wieder zu sehen, mit ihnen zu schnacken und einen geregelten Tagesablauf zu haben, ist nicht das Schlechteste.

Arbeit ist nun aber auch wieder vorbei. Morgen geht es nach Durban zum Zwischenseminar, worauf ich mich arg freue. Ach und mein Zwischenbericht habe ich jetzt auch endlich fertig. Wenn jemand den haben will, Bescheid sagen. Da gibt es auch Fotos, sonst müsst ihr bei Facebook schauen, weil ich leider zu blöd bin, um Fotos in meinem Blog hochzuladen … Obwohl ihr auch schon einen ganz guten Eindruck von meinem Leben haben müsst, wenn ihr euch durch den ganzen Text quält :)

Also viele liebe Grüße aus Kapstadt. Und natürlich hoffe ich, dass euer Weihnachten auch schön war. Alles Gute für 2011 und das Übliche halt. Und vielen Dank für die ganze Weihnachtspost, die Päckchen und eure lieben Mails. Antwort bekommt ihr alle irgendwie und irgendwann, erstmal bin ich froh, den Blogeintrag geschafft zu haben !!

Also nach Durban mehr,
Luisa

Montag, 13. Dezember 2010

Kurze Meldung vor Weihnachten

2010 ist also fast vorbei und ich in Kapstadt endlich richtig angekommen. In den letzten Wochen ist unglaublich viel in der NWF passiert, freie Zeit gibt es nicht viel und auch wenn wir zu Hause sind, muss dies und das noch vorbereitet und gemacht werden.

Aber damit bin ich voll zufrieden und ich merke, wie die New World mehr und mehr mein Lebensmittelpunkt wird und ich mich einfach immer tierisch freue, morgens in die Organisation zu kommen und all die bekannten Gesichter zu sehen.

Nur mit Juna, der Lehrerin, ist es nicht ganz so einfach... Ich werde wirklich nicht warm mit ihr. Habe keine Ahnung, worüber ich mit ihr reden soll und bin daran auch ehrlich gesagt nicht sonderlich interessiert. Wie sie mit den Kindern umgeht, fand ich von Anfang nicht richtig. Aber hier läuft einfach vieles nach Hierarchie und der leiste ich einfach nicht folge, wenn ich mit den Kindern spiele und sie in den Arm nehme. Das wird dann aber nicht offen angesprochen, vielmehr werde ich mit kalten Blicken gestraft und in letzter Zeit wird mir auch einfach nicht erzählt, was in der Pre-School so geplant ist. Beispielsweise hatten wir ein Christmas-Play für die Eltern, an dem gleichen Tag hatte ich aber eine Filmvorführung für die umliegenden Schulen geplant. Ich hätte locker beides geschafft und jeder der Staff-Member wusste von dem Weihnachtsstück, nur ich nicht und deshalb sollte ich dann auch nicht dabei sein!!

Ein weiterer Höhepunkt war auf jeden Fall das Konzert, vor ein paar Wochen. Wie es halt so ist in Südafrika, war bis zum Schluss nicht alles fertig und am letzten Tag wurden die restlichen Sachen von mir gebastelt und genäht. Alles war aber wirklich nicht zu schaffen, was dann natürlich mein Fehler war, weil ich ja schneller arbeiten oder es mit nach Hause nehmen könnte. Deshalb wurde ich bei der Danksagung am Ende des Konzerts einfach übergangen, obwohl jeder Hans und Franz aufgezählt wurde … Und die Hälfte der Sachen, die ich gemacht habe, wurden dann doch nicht benutzt, weil es gar nicht so viele Kinder gab.

Eigentlich ist das Ganze echt schade. Vor allem weil mein Vorgänger sich so richtig gut mit ihr verstanden hat, aber bei uns wird das glaube ich nichts mehr :) Ich habe einfach andere Leute, die ich viel lieber hab und mit denen ich auch außerhalb der NWF was unternehmen mag.

Ein Gutes hat das Ganze auf jeden Fall, mich plagt das schlechte Gewissen nicht mehr so stark, wenn ich mit den Kinder dicke bin. Vielleicht liegt es aber auch daran, dass sie die Pre-School-Arbeit als Fulltimejob-Job sieht, was er aber, vor allem nachmittags, nicht ist. In der letzten Zeit habe ich endlich mit meinem eigenen Leseprojekt angefangen und war deshalb nur halbe Tage in der arikaans-Klasse.

Aber das ist alles wunderbar gelaufen, auf afrikanische Art, aber mir hat es total Spaß gemacht. Jugend gegen Aids e.V., für den ich an der Schule mal Aidsschleifen verkauft habe, wenn ihr euch noch erinnert … ;) hat Gelder bereitgestellt, davon konnte ich 30 Exemplare des Buches „Themba“ kaufen. Die sollten Anfang November ankommen, damit ich genug Zeit habe, mit einer Schulklasse die Thematik vorzubereiten und mit den Kindern Lutz van Dijk, den Autor, in der New World zu treffen. Am Welt-Aids-Tag, dem 1. Dezember, wollten wir den Film zeigen. Die Bücher sind aber erst einen Tag vor dem Autorengespräch angekommen.

Trotzdem hatte ich mit der Gruppe eine super Zeit. Es waren eigentlich um die 13 Kindern, aber nur einmal waren alle da. Ich hatte Kopien von den ersten Kapitel gemacht, ganz viel über HIV/Aids mit ihnen gesprochen und so richtige, richtige Prävention gemacht. Besonders die Mädels hatten Spaß daran, Plakate zu gestalten, die jetzt in der NWF hängen.

Besonders toll fand ich, wie schnell sie Vertrauen zu mir gefasst und Geschichten aus ihrem Leben und ihrer Familie erzählt haben. Eine der Mädchen lebt erst seit einem Jahr in Kapstadt, weil sie mit ihrer Familie aus Simbabwe geflüchtet ist, das war total beeindruckend!

Das Autorengespräch lief dann auch richtig gut. Ich hatte mit der Gruppe Fragen vorbereitet, die eifrig gestellt wurden, manche sogar auf Deutsch.

Die Filmvorführung am darauf folgenden Tag lief dann nicht so nach meinen Vorstellungen :) Es gab technische Probleme, weil irgendwer die Adapter mit genommen hat und wir hatten keinen Ton. Was ein bisschen schade war, aber am Freitag sind die Klassen dann wieder gekommen und um die 150 Kinder konnten „Themba“ sehen. Der Film ist auch richtig gut angekommen, weil sie vieles aus ihrem Alltag wiederentdeckt haben und das Ende praktisch bei ihnen um die Ecke spielt. Außerdem ist Fußball ein so allgegenwärtiges Thema, das den Großteil der Kinder begeistert und die schwere Thematik so wunderbar vermittelt hat.

Am Welt-Aids-Tag habe ich auch noch viele Aidsschleifen verteilt, die ich aus Deutschland geschickt bekommen habe und wirklich jeder, egal ob Kind oder Angestellter hat an dem Tag eine getragen. Ich kann das Gefühl gar nicht richtig beschreiben, aber ich habe mich riesig gefreut so viele rote Schleifen zu sehen.

Mittags bin ich mit einigen lokalen Freiwilligen noch an eine große Kreuzung in die Nähe der New World gegangen. Wir hatten Plakate mit „Hoot 4 safe sex“ um und die gesamte Kreuzung war für 45 Minuten ein einziges Hupkonzert. Dazu haben wir Kondome und Schleifen an die wartenden Menschen in den Autos verteilt und der Unterschied zu Deutschland und Südafrika war mir wieder richtig bewusst.

Ich glaube nicht, das etwas Vergleichbares zu Hause möglich gewesen wäre. Zwischen den stehenden Autos umher zu laufen, mit den Fahrern zu schnacken, von überallher Kommentare zugerufen zu bekommen und einfach so unfassbar viel Spaß zu haben, die anderen Leute auch zu motivieren zu hupen.

Also der Welt-Aids-Tag und die Woche darum war richtig super, aber auch richtig anstrengend. Hinzu kam, dass wir in der Woche auch unsere Christmas-Aftercare-Party hatten. Und auch für die musste vieles vorbereitet werden.

Die Kinder haben ein Krippenspiel aufgeführt, gesungen, getanzt und andere kleine Szenen vorgeführt. Das alles im kleineren Rahmen stattgefunden hat war richtig gut, da sich so nicht alles verlaufen hat. Wir hatten Chips, Hot Dogs und Pommes vorbereitet (21 kg Kartoffeln haben wir dafür geschält!!) und es war so richtig schön.

Die Kinder mussten einzeln nach vorne kommen, um sich ein Zertifikat abzuholen und von allen Volontären einmal in Arm genommen zu werden. Sonst ist es halt echt nicht einfach mit ihnen. Sie sind laut und aggressiv, beschimpfen sich gegenseitig und gehen mit den Freiwilligen auch nicht besonders respektvoll um. Aber an dem Abend herrschte eine ganz andere Stimmung und als sie ihre Zertifikate bekommen haben, hat man in vielen Gesichtern eine Mischung aus Dankbarkeit, Unsicherheit und vielleicht auch ein bisschen Trauer gesehen.

Sie haben es halt echt nicht leicht. Viele wirken älter als sie sind, weil sie von klein auf mit schlimmen Geschichten und Schicksalen konfrontiert werden, die sie enorm abhärten. Aber sie sind alle noch Kinder, richtige Kinder, die Anerkennung und Geborgenheit brauchen. Die bekommen sie zu Hause kaum, deshalb kommen sie jeden Nachmittag zu uns. Auch an dem Abend waren nur wenig Eltern da. Und was furchtbar war, von einem der „richtig harten“ Mädchen war nur die Oma da. Die war aber total betrunken, hat mir zu erst erzählt, dass die Mutter des Mädchen sowieso nie zu so was kommen würde und hat dann angefangen voll rum zu pöbeln und mich anzumachen, weil ich ihr angeblich das Zertifikat ihrer Enkelin nicht geben wollte. Ich hatte dieses Papier aber nicht einmal in der Hand und hab ihr versucht das klar zu machen, was die Lage nicht besser gemacht hat.

Ein Freiwilliger ist dann dazwischen gegangen und hat das für mich geklärt, ich war trotzdem stark verwirrt.

Zum Abschluss haben wir dann alle noch „We are the World“ zusammengesungen. Wir standen mit den Kindern vorne, die wenigen Eltern sind alle aufgestanden, haben mitgesungen und mitgetanzt. Das hat mir dann den Rest gegeben :)

Jetzt haben wir erstmal Ruhe vor den Kindern, die kommen erst Mitte Januar wieder. Das ist sehr merkwürdig, weil ich die sonst jeden Tag gesehen habe.

Pre-School ist nun auch vorbei, die Kinder werde ich wohl nicht wieder sehen, was mich ein bisschen traurig macht. Letzte Woche waren wir zum Abschluss nochmal mit allen 120 Kindern im Freibad. Das Schwimmen an sich hat dann nur 20 Minuten gedauert, vom dem Wasser war nicht viel zu sehen, weil so enorm viele schwarze Köpfe auf einem Haufen waren. Am nächsten Tag gab es Bescherung und jeder hat eine Kleinigkeit bekommen (120 Geschenke, von mir eingepackt und gezählt). Wir haben Weihnachtslieder gesungen, Father Christmas kam vorbei und ein Kind hat angefangen zu heulen, was ich sehr sympathisch fand, weil ich mich auch immer vor dem Weihnachtsmann versteckt habe :)

Und dann gab es noch die Graduation, eine Sache für sich. Die Kinder werden nächstes Jahr zur Primary School gehen, haben die Vorschule nun abgeschlossen. Eigentlich nicht so das Spektakel. Deshalb habe ich den Sinn der Graduation nicht richtig verstanden, habe mich aber trotzdem drauf gefreut. Nur wusste ich nicht, was für einen hohen Stellenwert das Ganze hier hat und bin schön entspannt in Shorts da angekommen und jeder war so richtig aufgetakelt. Die Mädchen hatten alle weißen Rüschenkleider an, die Haare waren geglättet, ein paar geschminkt. Die Jungen waren in Anzughose und weißen T-Shirt oder Hemd unterwegs. Auch die Lehrer sahen richtig schick aus. Naja … bis auf mich.

Am Ende haben wir noch Bilder gemacht und mir ist so richtig bewusst geworden, dass das jetzt der Abschied von meiner ersten südafrikanischen Klasse ist. Viele kamen zu mir, haben sich bei mir bedankt. Und die Oma von einer richtig richtig süßen Kleinen hat mir gesagt, wie oft sie zu Hause von mir erzählt. Das sie mich total in ihr Herz geschlossen hat und sich so freut, über die Liebe und die Aufmerksamkeit, die ich ihr gebe. Irgendwie habe mich das ein bisschen in meiner Art mit den Kindern umzugehen bestärkt und die Oma hat versprochen, ihre Enkelin im nächsten Jahr mal vorbei zu bringen, damit ich sie noch einmal wieder sehe.

War viel los, das Jahr neigt sich jetzt aber dem Ende zu. Es stehen nur noch Staff-Party und großes Putzen an und Samstag sitze ich schon im Flieger nach Johannesburg. Das ganze wird ein großes Abenteuer und ich weiß noch nicht so richtig, ob ich mich darauf freuen soll oder nicht. Hinterher weiß ich da mehr und werde garantiert davon berichten. Vielleicht nicht sofort, weil über Sylvester auch viel los sein wird und ich danach auf großer Westküstentour bin. Endlich reisen !!

Aber noch einmal Danke für all eure Post, Emails, Anrufe und Kommentare. Ich freu mich immer total, wie viele Leute an mich denken.

Ich denk auch oft an euch, an Hamburg und überhaupt. Aber irgendwie bin ich nun auch hier echt zu Hause.

Liebe, liebe Grüße,
eure Luisa

Montag, 22. November 2010

Lang lang ist's her …

Aber alles ist ziemlich gut, hier unten am Kap. In den letzten Wochen ist viel passiert, die Arbeit in der NWF bringt total Spaß. Ich lerne die Kinder richtig gut kennen und afrikaans zu reden und zu verstehen wird ein immer kleineres Problem. Richtig gut hören tun sie zwar immer noch nicht, wenn Juna aus der Klasse geht, bricht ab und zu noch ein kleiner Tumult aus. Dafür bekomme ich aber Süßigkeiten von den Kleinen angeboten, sie malen mir Bilder und einer hat mir eine Murmel geschenkt, für meine Kinder „there by Germany“.

Von Juna bekomme ich auch mehr Verantwortung übertragen, zusammen bereiten wir Hänsel und Gretel mit den Kindern für das Abschlusskonzert vor. Ich muss viel basteln, mir Requisiten und Kostüme überlegen. Sonst gibt es auch mehr in der New World zu tun. Es geht aufs Ende des Jahres zu, zwei Theaterstücke sollen außerdem noch aufgeführt werden, bei denen wir Deutsche richtig integriert werden. Wir haben mit den Eltern vom Aftercare einen Bazar geplant und organisiert. Der war ein voller Erfolg und von dem Erlös sollen Schreibutensilien für das neue Schuljahr gekauft werden.

Außerdem habe ich jetzt eine Nähmaschine und die Kinder sollen im Januar „Aftercare-bags“ bekommen, die ich noch machen muss.

Zum Welt-Aids-Tag gibt es auch große Planungen. Diese Woche soll ein Leseprojekt starten, dass ich mit 20 Kindern von einer der umliegenden Schulen machen werde. Wir lesen zusammen Themba und das Thema HIV/Aids soll natürlich auch behandelt werden. Einen genauen Plan habe ich noch nicht, aber viele Ideen. Erst einmal müssen ohnehin die Bücher ankommen.

Ende November kommt dann der Autor in die NWF und am 1.12. wollen wir den Film dazu zeigen. Außerdem soll in der Woche danach ein großes Fußballturnier stattfinden, bei dem wir HIV/Aids mit einbinden wollen. Dazu müssen Ideen gesammelt und sich von anderen NGO's beraten werden.

All das nimmt ziemlich viel Zeit in Anspruch. Es gibt Meetings, die bis in den Abend gehen und dann sind elf oder zwölf Stunden Tage keine Seltenheit. Mir bringt das alles richtig Spaß. Es ist toll, alle Facetten der NWF kennen zu lernen und richtig Verantwortung übertragen zu bekommen. Anfangs hatte ich eher das Gefühl, dass meine Arbeit auch jeder andere machen kann. Matratzen auf den Boden und Farbe auf den Tischen zu verteilen, füllt einen halt nicht so ganz aus …

Aber merke ich auch immer noch, wie anders Lavender Hill als alles ist, was ich kenne. Die Mentalität der Südafrikaner, ihre herzliche Art, ihre Offenheit und Spontanität mag ich jeden Tag mehr. Und an die „african time“ gewöhne ich mich leider zu gut. Trotzdem gibt es noch Situationen, in denen mir ihr Verhalten nicht ganz richtig vorkommt.

Extrem ist es mit einem Mädchen aus der Vorschule. Sie war lange nicht da. Aber wo sie ist und ob sie wiederkommt hat eigentlich niemanden gekümmert. Vor 3 Wochen hat ihr Vater sie aber wieder in unsere Klasse gebracht, was mich im ersten Moment sehr froh gemacht hat. Schon bevor sie verschwunden ist, hat man gemerkt, dass sie irgendwie verstört ist. Das ist aber noch viel schlimmer geworden. Sie hat einfach so die krassen Stimmungsschwankungen. Wenn irgendwas nicht nach ihren Vorstellungen läuft, rastet sie total aus. Sie schlägt wie wild um sich, wenn sie mal keine Lust hat mit jemanden sein Spielzeug zu teilen. Fängt an zu weinen und schmeißt sich auf den Boden, wenn jemand sie im falschen Moment anspricht. Aber nach maximal 10 Minuten ist dann alles wieder gut, und sie ist wieder das fröhlichste Mädchen, dass man sich vorstellen kann.

Juna hat dann erzählt, dass sie mit ansehen musste, wie ihr Bruder vergewaltigt wurde und sie seitdem einfach völlig traumatisiert ist. Wenn sie ausrastet soll ich mich aber nicht weiter um sie kümmern, weil sie nach einer Zeit alleine klarkommt. Als mir das erzählt wurde, wusste ich gar nicht was ich denken oder fühlen soll. Ich kann und will mir einfach nicht vorstellen, was so was mit einer Kinderseele anrichtet.

Noch schwerer finde ich es aber, mit ihr umzugehen. Ihr Verhalten kann man so einfach nicht durchgehen lassen. Auf der anderen Seite, weißt man aber, was ihr passiert ist. Und ich sehe jeden Nachmittag ihren mehr als überforderten Vater, mit dem sie häufig gar nicht nach Hause gehen will. Juna kennt ihn schon von klein auf und er hat wohl eine bipolare Störung, nimmt Medikamente und wohnt mit seinen 2 Kindern momentan alleine. Für ihn ist das gewiss auch alles andere als einfach, aber sehr liebevoll geht er mit ihr einfach nicht um. Dann will ich sie nicht auch noch vor den Kopf stoßen und gemein zu ihr sein. Oder sie ihn Ruhe lassen, weil auf eine ganz merkwürdige Weise ist ihr Verhalten, glaube ich, ein Schrei nach Aufmerksamkeit.

Ich bin gespannt, wie das weitergeht … Es ist nur schade, dass die Kinder in gut einem Monat gehen und im neuen Jahr dann in der Primary School starten. Ich habe mich gerade so gut an alle gewöhnt. Aber ein bisschen gespannt auf die Neuen bin ich auch. Die Mamas aus der Küche haben mich schon gewarnt, dass in den ersten zwei Monaten richtig viele weinen werden.

Aufs Aftercare freue ich mich nachmittags auch immer, obwohl so ein Mittagsschläfchen mir nach der Pre-School schon nicht schlecht tun würde … :)

Die Kinder fangen langsam an, Vertrauen zu uns aufzubauen. Abgesehen von völlig unnötigen, pubertären Kommentaren, erzählen sie auch, was sie beschäftigt und in der Community los ist. Das hat eigentlich immer mit Gewalt und Gangstern zu tun. Die Schießereien sind wieder in vollem Gange, vorletzte Woche wurde ein Mädchen vergewaltigt und brutalst ermordet. Und das nur, weil sie gesehen hat, wie welche geschossen haben. Der Großteil kannte sie auch und waren mit ihr befreundet. Und das ist dann schon eine andere Nummer, als Geschichten über Familien erzählt zu bekommen …

Und dann wurden im Girls Club auch neulich Minkes und mein Portemonnaie gestohlen. Die Taschen waren an völlig unterschiedlichen Orten. Mich hat es auch eigentlich nicht groß gestört, weil es einfach klar war, das so etwas früher oder später passieren würde. Außerdem waren die anderen Wertsachen, wie Kamera und Laptop noch da. Ich habe meins ohne Bargeld im Mülleimer der Mädchentoilette wiedergefunden. Einen Verdacht hatten wir von Anfang an, der wurde von den Anderen auch bestätigt. Es war wohl eins der Mädchen aus dem Girls Club, das aber nur sehr unregelmäßig kommt. Die Kinder haben daraufhin beschlossen, dass sie ab sofort nicht mehr in die New World kommen darf und haben richtig krass für uns Partei ergriffen. Es ist nur einfach ein blödes Gefühl, dass du von Kindern denen du irgendwie helfen willst, beklaut wirst. Aber spiegelt es auch ganz gut Lavender Hill mit all seine Problemen wieder.

Also ihr seht, die Arbeitstage sind voll und nicht immer einfach. An den Wochenenden bleibt aber auch kaum Zeit zum Ausruhen, weil immer richtig viel geplant ist. In der letzte Zeit sind wir die Küste runtergefahren und haben Wale gesehen, haben andere deutsche Freiwillige in ihren Township und deren Gastfamilien besucht. Freitagabends gibt es immer öfter deutsche Bundesliga, die wir bei Marius gucken. Wir waren an der UWC, der University of Western Cape, allerdings unter der Woche. Während der Apartheid war das die Universität der Farbigen und auch wenn die Zeit seit über 16 Jahren vorbei ist, hat man nur ganz wenige Weiße und Schwarze gesehen.

Die Rassentrennung ist so allgegenwärtig. An einem Wochenende waren wir zum Grillen bei irgendwelche Freunden von Freunden von Jans Familie eingeladen. Die waren weiß und nach viel Wein gingen auch so die heftigsten Diskussionen los. Das Apartheid ja gut war und alle in ihren Bereichen gelebt und das getan haben, was für die Rasse gedacht ist. Die Schwarzen und Farbigen bekommen momentan auch viel zu viele Privilege und Rechte, die guten Jobs, Hilfe beim Hausbau und alles. Ich saß da einfach nur und war total perplex. Natürlich denke ich nicht so, aber viel dagegen konnte ich einfach auch nicht sagen. Zu Wort gekommen ist man bei den beiden Männern sowieso nicht, außerdem bin ich in dem System nicht aufgewachsen, als Ausländerin in das Land gekommen, auch erst 19 Jahre alt und vor allem waren wir zu Gast bei denen und dann kann man nicht sagen, dass alles was die denken der totale Mist ist. Die Höhe war dann nur, als sie den Hass der Weißen auf die Schwarzen in Südafrika mit dem Hass der Deutschen auf die Türken verglichen haben. Da bin ich innerlich so krass wütend geworden und hab versucht, ihnen das ganz schnell wieder auszureden.

Sonst ist unser Programm außerhalb von Lavender Hill aber wirklich richtig klasse. Wir waren an mit unseren Township-Fußballmannschaften an der deutschen Schule, die einfach nur heftig ist. Aber eins unserer Teams hat gewonnen!! Ich kann jetzt typisch afrikanisches Essen kochen, wir haben die Kinos von Kapstadt kennengelernt, waren feiern, vor allem mit einer Truppe von Südafrikanern und Deutschen ist es immer witzig und man konnte draußen ohne Jacke rumlaufen :) Bei einer 12-Stunden Tour durch die Karoo-Wüste haben wir das absolute Nichts gesehen und zum ersten Mal haben wir bei uns gebraait (dick gegrillt) und damit einen anderen Deutschen zu seinem Geburtstag überrascht. Letztes Wochenende haben wir endlich eins der Touridinge in Angriff genommen und sind ans Kap der guten Hoffnung gefahren. Wahnsinnig schön ist es da, vor allem weil wir eine menschenleere Bucht gefunden haben, die der schönste Ort ist, an dem ich je war. Außerdem haben wir endlich Baboons, eine Affenart die hier sehr verbreitet sein soll, und Strauße mitten auf der Fahrbahn gesehen.

Voll viel habe ich bestimmt vergessen, dass ist aber im Großen und Ganzen hier los. Nächste Woche machen wir vielleicht mal unsere Einführungstage. Nach 3 Monaten wäre das auf jeden Fall nicht schlecht. Wir fahren dann nach Robben Islands, besuchen einige Museen und sehen andere Townships.

So meine Lieben, Gewissen beruhigt und bald melde ich mich mal wieder.

Grüße in den tiefsten Herbst und überall sonst hin, auf die Welt :)